Es gibt da einen Spruch: Dormicum zur rechten Zeit schafft Ruhe und Behaglichkeit. Ich denke, ich würde gleich liebend gerne eine Runde Dormicum verteilen. Aber der Reihe nach. Ich habe Nachtdienst. Auf einer chirurgischen Station, die auf den Altersdurchschnitt bezogen jedem Altersheim Konkurrenz macht. Der Reihe nach. Schließlich hat Nanny Ogg im Kommentar zum letzten Eintrag schon was von schlagen geschrieben. Das ist gar nicht mal so abwegig, hier geschlagen zu werden (also wir vom Pflegepersonal von den Patienten)...
27. Oktober 2010 - 21:00 Uhr - Dienstbeginn
Kaum umgezogen, da gehen auch schon die ersten Schellen los. Also alle bedienen, meistens sind es schwerwiegende Sachen wie Fieber messen, Wasser liefern und andere Sachen. Die Klamotte geht dann bis 22:00 Uhr.
22:00 Uhr
Ich beginne meinen (also diesen) Blogbeitrag. Ich habe das iPad mitgenommen, um vom Dienst aus bloggen zu können. Es klingelt, ich muss kurz weg.
Wieder da, die Dame von 565 im dritten Bett musste mal wieder auf die Pfanne. Zum fünften Mal seit Dienstbeginn. Ein Fieberthermometer habe ich in der Tasche, da die Mutter des Kindes (11 Jahre, Appendizitis, jüngster Patient) alle drei Minuten die Temperatur kontrolliert haben will.
Meine Kollegin ist um 21:30 Uhr rumgegangen und hat die Antibiosen dran gehangen. Jetzt ist es meine Aufgabe zu schauen, wer sie wieder abhaben muss. Und dann auch abstöpseln.
22:31 Uhr
Die Kollegin stellt gerade die Tabletten und ich sitze hier. Wir haben eine Neuaufnahme bekommen. Akutes Abdomen. V. a. Sigma-Perforation. Nicht schön. Also Stammblatt ausfüllen und Schmerzen bekämpfen. Dipidolor als Kurzinfusion. Gut, dass nicht die Schwester aus den letzten Beiträgen hier ist.
Inzwischen habe ich die Pflegearbeitswagen für morgen vorbereitet, alle cool-packs desinfiziert und in den gefrierapparat gepackt.
Nun mache ich mal daran, die Kurve für die Neuaufnahme zu schreiben.
23:13 Uhr
Eine Patientin hat sich im Schlaf die Nadel gezogen. Eigentlich versteht es sich fast von selbst, dass die Patientin marcumarisiert ist, oder? Also Verband anlegen und Bett neu beziehen. Als ich das Bett neu beziehe, gibt die Nachbarin im mittleren Bett ein, nennen wir es kotzendes, Geräusch von sich. Und plötzlich fängt es an zu stinken. Wie Kot. Prima. Mundstuhl. Also den Arzt anrufen. Endlich mal was spannendes im Nachtdienst. (Sarkasmus)
23:26 Uhr
Die Station schläft - könnte man meinen. In Wirklichkeit warten alle auf den vereinbarten Zeitpunkt um zu klingeln. Nee, mal ohne Witz und so'n Kram. Es hat seit einer Viertel Stunde nicht mehr geklingelt. Ist etwa wer gestorben? Ich geh bei dem Elfjährigen mal Temperatur messen. Nicht, dass mir noch Langeweile aufkommt.
37.3 Grad hat der Kleine. Ist doch ganz ordentlich.
Jetzt sitze ich hier vorne am Stützpunkt und höre wen schnarchen. Durch die geschlossenen Türen. Hmm...ich glaube ich verflechte noch die 1000 Büroklammern die hier auf dem Schreibtisch stehen^^
28. Oktober 2010 - 00:05 Uhr Uhr
Die Kurven für die nächste Woche sind auch schon geschrieben. Die Nachbarstation hat schon angefragt, ob ich um Ein Uhr zum Betten rüberkommen kann. 19 Patientin sind zu Betten, also den Hintern eincremen, anders lagern damit sich kein Dekubitus bildet und so was. Dafür hat die Kollegin von der Nachbarstation 1 1/2 Stunden eingeplant. Geht auch schneller, Wette?
Ich erzähle es so gegen Viertel vor zwei ;-)
Es hat inzwischen immer noch nicht geklingelt, obwohl ich ausdrücklich kein Dormicum verteilt habe^^ Bin ja ein lieber Zivi und halte mich an die Bestimmungen. Ist auch gut so. Ich habe schonmal ein Krankenhaus gesehen, wo sehr viele Patienten sediert waren. Vielleicht nicht, um Ruhe zu haben, sondern aus anderen medizinischen Gründen. War aber trotzdem nicht schön. Aber gleich müsste sich die Dame von 565 im dritten Bett wieder zur Pfanne melden. Danach werde ich den kleinen Jungen noch mal im Ohr messen.
00:43 Uhr
Die Patientin mit dem Mundstuhl (Kotiges erbrechen, nicht die Musikergruppe) bekommt jetzt eine Magensonde verpasst. Punkt. Das spart der Frau einiges an Erbrecherei und wir sparen an Einmal-Nierenschalen.
Leider war die Patientin nicht wirklich kooperativ beim Versuch der Kollegin, eine Magensonde zu legen, des wegen haben wir den Diensthabenden Arzt herbeitelefoniert, der sich jetzt damit herumschlagen muss. Und wie es so ist, klingeln währenddessen auch alle anderen Patientin. Die Dame muss auf die Pfanne, der Knirps will seine aktuelle Köpertemperatur wissen. Letzterem habe ich gesagt, wenn er weiterhin dreinmal in einer viertel stunde nachfragt, lege ich im eine rektale Sonde, die es ihm sekundengenau anzeigt ^^ ach was bin ich doch böse ;-) Natürlich würde ich ihm niemals sowas legen. Dafür ist er zu nett.
Warten auf den...ach da kommt er schon.
01:13 Uhr
Das mit der Magensonde hat auch beim Arzt nicht geklappt. Meine Kollegin war sehr beruhigt. Dann gehe ich jetzt mal auf die Horrorstation zum Betten. Aber woher mache ich dem Knirps noch einen Tee. Der kann nämlich nicht schlafen.
02:26 Uhr
Ich bin wieder zurück auf meiner Station. Hier ist es im Vergleich viel besser. Ich habe auf der Nachbarstation einen ehemaligen Patienten von uns wiedergetroffen, der leider kurz vor seinem Tode steht. Dabei war er wirklich fit, als er uns verlassen hat.
Ansonsten war das betten nebenan wirklich kein Pappenstiel. Einmal mussten wir Isolierkleidung anlegen, da die Patientin Herpes Zoster hat. Will ich nicht haben. Wirklich nicht.
02:33 Uhr
Die Dame von 565 im dritten Bett musste mal wieder zur Pfanne. Inzwischen riecht man den Harnwegsinfekt auch schon auf dem Flur. Ich werde dort gleich mal einen Urinstatus abnehmen. Dann steht es wenigstens auch in der Kurve auf den Laborzetteln. Obwohl die Antibiose schon feststeht (Cotrim forte), braucht man den Wisch noch.
Der Knirps schläft immer noch nicht. Anstonsten ist es immer noch langweilig. Das einzige, was mich freut, ist der Feierabend in einigen Minuten.
02:41 Uhr
Es klingelt. Der Knirps hat eigenen Angaben zufolge gekotzt. In der Schüssel lag ein wenig Bronchialschleim. Erstklassige Kinderkotze sozusagen. Ich habe ihm das Kopfteil höher gestellt und erklärt, dass somit seine Art von Emesis ausgeschlossen ist. Jetzt gehe ich den U-Status abnehmen.
02:48 Uhr
Das mit dem Urinstatus war leider nichts. Ausgerechnet in dem Moment, in dem ich gern ein wenig Urin von der Patientin hätte, äußert sie Schleim per Anus aus. Sie hat ein Stoma und eigentlich äußern die nicht soo oft Schleim ab. Aber natürlich genau in dem Moment, in dem man den Urin für eine Untersuchung benötigt.
3:00 Uhr
Pünktlicher Feierabend. Schön, schön.
Dann mal bis morgen, wenn es wieder heißt:
Gute Nacht mit Timotheus, der für alle Zipperlein sofort rennt. Ich werde wieder vom Dienst bloggen.
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